Allgemein Begegnungen Projekt

Schönes Theater

17. August 2015
Wittiber, Oberpfalztheater, Neusath

Der besondere Strick in Ludwig Thomas Geschichte „Der Wittiber“.

Ganz einfach: In den Hof marschieren, vielleicht noch den Hut vor dem Wirt lüften, mit dem Rücken zum Publikum hinsetzen. Wenig später gibt es Essen. Würste und Brot. Wir essen, einige Dialoge, dann geht das Licht aus. Abräumen. Nächste Szene, im Wirtshaus: Wir trinken (wir tun so) da die ein oder andere Maß, dann wird kurz gerauft. Abtritt. Letzte Szene: Die Hochzeit. Wir trinken wieder, unterhalten uns, stoßen mit Braut und Bräutigam an, Abtritt. Wenig später lässt Ludwig Thoma die Zenzi sterben, es endet unrühmlich.

Schönes Gefühl, am Ende vor das Publikum treten zu dürfen, geblendet von den Scheinwerfern, zwei Verbeugungen, den Applaus der Menschen genießen können. Abtritt des ganzen Ensembles. Fertig. Den schweren Rock und die Weste ausziehen, die schwere Hose mit den Trägern, der steife Hut, behutsam in die Hülle, dann geht es heimwärts. Zum ersten Mal in meinem Leben spiele ich als Statist in einem Theaterstück mit. Nie zuvor war ich auf einer solchen Bühne.

Der „Wittiber“ von Ludwig Thoma ist im Jahr 2015 eine Wiederaufnahme. Schon im Jahr zuvor hat das Oberpfalztheater hier im sehr großartigen Neusather Museum das Stück in einem der hier aufgebauten Höfe aufgeführt. Kurz: Es ist großartig! Ich hatte keine Ahnung, in welche Welt ich gestoßen werden würde, als meine Kollegin Sandra und Kollege Frank fragten, ob ich wohl mitmachen wolle. Aus verschiedenen Gründen wollte ich. Alles gut.

Was ich zu dieser Zeit nicht wusste: Auf ein erfahrenes und erzählfreudiges Ensemble zu treffen. Auf eine Mannschaft, die sich zumeist aus vielen verschiedenen Aufführungen kennt, die die Oberpfälzer Theaterlandschaft seit Jahren mit vielen Inszenierungen auf vielen Bühnen der Region bereichert hat. Es sind alle Laienschauspieler, mit viel Enthusiasmus für das Theater.

Es sind Laienschauspieler, was kaum zu fassen ist. Der „Wittiber“ verlangt von einigen der Hauptdarsteller einiges ab. Thoma lässt in seinem Stück nichts aus: Sie fühlen, und sie streiten in der Familie. Leidenschaft mit Sex und Hass, Missgunst, Konvention, Zweifel und Bigotterie; alles da. Der Regisseur ist unerbittlich: Der Streit, gerade ins Gesicht. Die Anbandlung, handgreiflich. Der Klaps auf den Po der Magd, ganz schön heftig.

Hinter den Kulissen ist viel Erfahrung. Gute Organisation der Proben, exakte und peinlich genaue Definition der Kostüme, mein Ohrring muss pünktlich zur Premiere raus. Genau wie die Bügelfalte aus der Hose; wird gemacht. 

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In den Kulissen des Neusather Hofes, perfekt. 200 Gäste pro Abend erleben hautnah ein Schauspiel direkt. Näher geht nicht. Die Magd Zenzi stirbt über den Zuschauern, der Bauer erstarrt bei der Nachricht, drei Meter vor dem Publikum.  Alles unmittelbar.

Der Statist schaut und lernt. Er freut sich. Er erlebt. Er erkennt. Er staunt. So nah war er dem Theater noch nie. Die Zeit zwischen den Auftritten ist erst lang. Die Zeit für die Geschichten, wenn wir während der Aufführung draußen auf den Bänken sitzen. Wenn sie von den Bühnen-Erlebnissen der letzen Jahrzehnte erzählen, von besonderen Ereignissen, von besonderen Auftritten, von Menschen, die sie mögen, manchmal auch nicht.

Zwei Aufführungen noch. Es ist großartig!

cdv!

 

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