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Vertrauen: Wir brauchen neue Modi

3. Dezember 2022

Wir brauchen wieder mehr Vertrauen in die Politik. Dabei ist Kontrolle gut.

 

Ich glaube wir brauchen einen neuen Deal der zwei Layer, zwei Modi kennt:

Zero Trust: das Zero-Trust Modell sieht vor, dass überhaupt niemandem mehr vertraut wird, auch nicht dem Institiut Fresenius auf dem Nutella-Deckel. Wenn man der Nutella vertrauen soll, braucht es einen Zugriff auf alle Datenpunkte aus der Herstellung und Distribution, digital verifizierbar, unfälschbar, auditierbar. Dieses Modell werden wir in vielen Bereichen sehen, wo so eine technische Zero-Trust Architektur möglich ist, also bei Produkt-Pässen, Lieferketten-Nachweisen, ESG-Zertifikaten, Nachweisen für grünen Strom oder Wasserstoff aber auch in der Politik durch Anwendung des Informationsfreiheitsgesetz, durch Modelle wie “Frag den Staat”. Bei diesem Teil des neues Deals ist die Headline “Wir sind es leid zu vertrauen, wir wollen Beweise”.

New Trust – the Habeck-way: und dann wird es einen Layer brauchen, wo wir einen neuen, diskursiv hergestellten und hart erarbeiteten Trust benötigen. In PolitikerInnen, in Gesetze und deren Durchsetzung, in Medien, in Corporate Governance und Unternehmensführung generell, in internationale Politik, Rohstoff-Verteilung und Klima-Massnahmen. Dass wir diese zweite Säule brauchen hat zum einen den Grund, dass es Probleme gibt die so komplex sind, dass eine brutale Daten-Öffentlichkeit niemandem was bringt. Zum anderen brauchen wir Menschen diesen Layer einfach, wir sind soziale Vertrauens-Wesen. Wir wollen mehr Habeck.

Stephan Noller schreibt in einem sehr lesenswerten Blogpost „Der Deal stimmt nicht mehr“, dass wir einen neuen Deal brauchen. Ich nicke lebhaft mit dem Kopf, was die zwei Vertrauens-Modi angeht. Volle Zustimmung! Es braucht Vertrauen. Und schüttel‘ bei dem ein oder anderen Argument den Kopf.

Das Habeck-Modell bedeutet aber auch dass es ein Problem gibt mit der Ehrlichkeit und Transparenz in der Politik – sonst würde er nicht so ankommen damit. Und das ist meine Sorge bzgl. der Querdenker und anderer Verschwörungs-Bewegungen: dass wir ihnen zu viel Futter geben.

Da verstehe ich ihn nicht. Denn er widerspricht seiner am Ende formulierten Lösung der zwei Modi. Die kluge Verbindung beider Modelle ist genau das, was wir denjenigen geben müssen, bei denen aus Zweifel Ablehnung wird. Der Hintergrund ist, dass sie nicht mehr verstehen, und nicht mehr vertrauen.

Vertrauen schon lange verspielt

Zu den Gründen etwas mehr: Die Politik, besonders die des Bundes und der Länder, hat über viele Jahrzehnte das Vertrauen der Bürgerinnen verspielt. Und dabei rede ich nicht von den Spitzen wie Amigo-Affären, Masken-Deals und andere Bereicherungen oder Skandale. Das sind nur die Spitzen.

Das Vertrauen haben sie verspielt, weil sich die Politik sehr weit von den Bürgerinnen entfernt hat. Liegt zum einen an der Komplexität der Gesetzgebung. und an der Bürokratie, deren oberstes Ziel immer Rechtssicherheit bedeutet. Dass sich die Entfernung bis in die unteren Politikebenen ausgeweitet habe, schrieb ich unlängst in diesem Blogpost. Und an der Distanz zwischen Politik und Bürgerinnen sind letztgenannte selbst auch nicht ganz unschuldig. In den Jahrzehnten, in denen es uns vermeintlich gut ging (was nie so war!), ging es vornehmlich darum, den vermeintlichen Wohlstand zu verwalten.

Erst mit den Krisen braucht Politik bessere Standbeine, braucht plötzlich auch Vertrauen der Wählerinnen, um mit klugen Entscheidungen die Krisen abwenden zu können. Dass Wirtschafts- und Klimaschutz-Minister Robert Habeck das mit seiner Kommunikation besser gelingt, zeigt nicht nur die große Begeisterung, sondern auch die keifende Schaumschlägerei der Oppositions-Parteien der Union, die sich in Law-and-Order-Platitüden äußern. Konstruktive Kritik habe ich bisher nie wahrgenommen. Populismus und die üblichen flachen Sprüche sind die gelernte Methode der letzten Jahrzehnte.  Die einigermaßen vernünftigen Wählerinnen verdrehen die Augen.

Kontrollinstrumente erforderlich

Die von Stephan angeführten Modi brauchen aber auch praktische Kontrollinstrumente, um wirksam werden zu können. Ein Beispiel: Um meinen Busführerschein alle fünf Jahre erneuern zu können, braucht es in nach dieser Zeit den Nachweis von fünf Fortbildungen. Mein Vorschlag: Alle Abgeordneten müssen sich jedes Jahr nach einem zu entwickelnden Standard vor ihren Wählerinnen verantworten, etwa vor einem ausgelosten Bürgerrat. Immenser Aufwand, zusätzliche Bürokratie? Ja, der jedoch lohnt.

Klar ist auch, dass sich die Kommunikation der Politik auf allen Ebenen ändern und verbessern muss. Auch das hatte ich in meinem schon erwähnten und verlinkten Beitrag schon etwas ausführlicher verschrieben. Eine Kommunikation, die transparent und authentisch ist.

Die bisher gängige Praxis, sich alle vier oder fünf Jahre erneut der Wahl zu stellen, hat sich in dieser Form nur schlecht bewährt.  Für viele Bürgerinnen ist diese Zeit nicht mehr nachvollziehbar. Dann wird sehr viel Geld für den Wahlkampf verwendet, um sich „schön“ darzustellen. Ein Faktencheck ist nicht vorgesehen. Das kann sich ändern. Und damit wären auch die beiden Modi von Stephan in die Tat umgesetzt.

Discuss!

cdv!

 

 

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