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Dilemma: Technologie und Gesellschaft

2. November 2013

Es hat etwas mit der Zeit zu tun. Und mit der Geschwindigkeit der technischen Entwicklung. Und, vielleicht unbeabsichtigt, offenbart der von mir sehr geschätzte Nico Lumma, freier Berater und Mitglied im Gesprächskreis Netzpolitik des SPD-Vorstandes,  innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Blogposts ein Dilemma. Während er auf der einen Seite ganzen Generationen ein Versagen im Umgang mit der Technologie vorwirft, nimmt er im nächsten Post quasi alles zurück und verteidigt die Strukturen der alten Parteitante SPD. Anlass: Der Abschied von Mina aus der Partei (Sehr lesenswert!). Während ich zu den inhaltlichen Dingen von Mina nicht viel sagen kann, erlaube ich mir dennoch, etwas zu dem offenkundigen Widerspruch zu bemerken, den Nico da offen gelegt hat.

Wir werden, so meine derzeitige Einschätzung, in der nächsten Zukunft noch häufiger erleben, dass es zwischen der Technologie und der Gesellschaft ein ums andere Mal böse aneinanderklatscht. Denn während wir die Entwicklungen in der Technologie bejubeln und antizipieren, verwalten und organisieren wir die Gesellschaft weiterhin mit nahezu mittelalterlichen Strukturen. Es sind auch jene, die Nico für seine Partei (aber auch alle anderen und Verbände und Vereine) beschrieben hat.

Fakt ist aber, dass das nur diejenigen weiterhin so haben möchten, die davon profitieren. Und dabei nicht mehr an die Verbesserung und Veränderung denken wollen, die inhaltlich vielleicht notwendig ist. Diejenigen, die aufgrund ihres Wissens und ihres Könnens etwas verändern möchten, wollen dies jetzt tun. Und wollen nicht darauf warten müssen, dass es in undurchschaubaren Strukturen erst mal darauf abgeklopft werden soll, damit jeder zunächst abchecken kann, ob es ihm vielleicht gefährlich werden kann. Derzeit empfinde ich besonders Deutschland so. Und es wird offensichtlich. Wir können viele Dinge viel besser. Und verharren in blockierten Strukturen.

Wir versemmeln gerade mit Anlauf einen Bahnhof in Stuttgart, eine Philharmonie in Hamburg und einen Flughafen in Berlin auf Kosten der Steuerzahler. Ich bin sicher, dass es gute Lösungen geben kann, wenn man an jedes Projekt zehn junge Menschen heran lässt, die verantwortungsvoll mit dem Geld umgehen. Nunmehr sind es aber Prestigeprojekte für genau die alten Machtstrukturen, die sie mit nahezu aller Gewalt durchsetzen wollen.

Ich wünsche mir, dass sogar der Nico einsieht, dass wir mit dieser Organisation und Verwaltung der Gesellschaft nicht viel weiter kommen werden. Obgleich die Technologie uns andere Möglichkeiten gibt, tricksen sich die Parteivorstände so lange weiterhin in die vermeintliche Machtposition, dass sie gar keine Zeit haben, sich konkret und pragmatisch den wirklichen Aufgaben zu zuwenden. Das Beispiel, das Mina beschreibt, zeigt es nach meiner Meinung sehr deutlich.

Wir brauchen etwa dringend ein anderes Bildungssystem, um mit der Geschwindigkeit der Technologieentwicklung Schritt halten zu können. Das fordern alle. Wenn es aber in den derzeitigen Strukturen entwickelt werden soll, sehe ich es in zehn Jahren noch nicht. Und ich prognostiziere, dass sich Nico darüber beklagen wird, dass da eine Generation versagt hat.

Ich habe das noch nicht zu Ende denken können, habe davon auch gar nicht so viel Ahnung, aber ich denke, dass wir dringend andere Formen der Bürgerbeteiligung brauchen. Projektorientiert, transparent und für nahezu jeden nachvollziehbar muss sie sein. Mit der derzeit vorhandenen Struktur der Parteiendemokratie und auch, ganz anderes Thema, mit diesem regional orientierten Föderalismus kommen wir nicht weiter.

cdv!

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  • Martin Oetting 2. November 2013 at 22:13

    Man kann sich lange viele Dinge wünschen, aber letzten Endes kommt man dann immer an der Stelle raus, an der verdammt viele Leute hierzulande eine Frau gewählt haben, die die Verkörperung des Nichtstun, des Stillstands und der Nichtveränderung ist.