Wenn Heimat ein Begriff ist, der einen Ort beschreibt, winke ich gleich ab. Das kann dann für mich nicht Heimat sein.
Mal zurück gedacht: Von Schwerte nach Villigst, von dort nach Hennen, zwischendurch ein Jahr in Ostfriesland, weiter nach Iserlohn, dann nach Bruchhausen-Vilsen, einmal über die Kontinente nach Yokohama in Japan, von dort Richtung Schwäbische Ostalb nach Giengen, dann noch mal nach Hermaringen, nun in Aachen. In einer Zahl: 13 Mal im Leben umgezogen. Nicht vergessen die unzähligen Aufenthalte als Kind in Ostfriesland bei den Verwandten, wo ich plattdeutsch lernte und sprechen konnte. Und die Heimat war noch mal wo?
Ehrlich: Das örtliche Heimatgefühlt ist schlichtweg nicht da. Was nicht bedeutet, dass ich mich an den vielen Orten nicht auch wohl gefühlt habe. Manchmal weniger, manchmal mehr. Aber der Begriff, in irgendeiner Region wirklich verhaftet zu sein; nö, das gibt es nicht. Ich kann jederzeit nach Norddeutschland, sehr gern nach Ostfriesland; aber leben möchte ich aufgrund der dort vorhandenen Infrastruktur derzeit nicht. Beim Nachgrübeln an dieser Stelle gern gestanden: Ja, lieber nach Norden als in den Süden. Gern eher flach, die sauerländischen und ostälblerischen Hügelchen kann ich dann doch gern nur in Erinnerung behalten.
In Erinnerung an den vielen Orten bleiben Menschen. Jene, die zu wirklichen Freunden geworden sind. Was schon nicht leicht ist, wenn man ohnehin überall „zugereist“ ist; und ohnehin ja jederzeit „gefährdet“ ist, genau diesen Ort wieder verlassen zu können. Was ich ja auch immer tat. Dennoch sind sie geblieben, wenn auch sehr überschaubar: Wenige Menschen, zu denen ich noch heute Kontakt habe, mehr noch: die mir sehr viel bedeuten.
Meine wirkliche Heimat heute: Meine vier Wände, heute mehr denn je. Nach der nicht gewollten Trennung und Scheidung bedeutet mir meine Wohnung in der Aachener Innenstadt sehr viel; dies galt schon für die Übergangsbleibe in Hermaringen. Überschaubar, weil klein, aber so recht, wie ich es für mich wollte. Die kleine Heimat gönn‘ ich mir.
Und wenn das ein oder andere Möbelstück über die vielen Jahre auch nicht mehr gehalten hat: Da sind noch die Kleinigkeiten, die immer in meinen Wohnungen bleiben werden. Die erste Schreibmaschine meines Vaters, auf der auch ich später das Zehn-Finger-System gelernt habe (mechanisch, ihr wisst gar nicht, wie das geht). Es gibt hier noch immer seinen ersten Fotoapparat und ein Blitz-Gerät von ihm. Und dann gibt es eine Kiste mit Zeugnissen, Jugendschwimmschein, Sporturkunden, Fotos meiner ersten Freundin; das sind viele Erinnerungen, das ist dann eher meine Heimat.
Heimat ist also ein wenig Erinnerung, die eigenen Wände, das Überschaubare.
Fragt mich in zehn Jahren noch mal.
cdv!
Katja hat für eine Blogparade gefragt, was Heimat ist.
[…] Christian de Vries: Heimat […]
Lieber Christian,
sehr schön – ich glaube, mir fällt auch etwas zur Blogparade ein. Jedenfalls war es schon mal inspirierend, Deinen Beitrag zu lesen. Bis demnächst, Caro