Den Gegner hatten wir in dieser Woche in dieser Form noch nicht: Den Wind. Heute war er da. Aus Büppel gestartet, zeigte er gleich an, wer heute das Sagen hat. Mal weniger, mal mehr, mal launisch, oder mal stetig. Weg war er nie. Auf dem Zettel standen etwa 70 Kilometer bis Bremen. Und es wurde zäh.
All das wäre nicht möglich gewesen, wenn es nicht zuvor ein wunderbares Treffen mit Frank und Tina gegeben hätte. Von Oldenburg aus nach Varel, genauer zunächst nach Dangast, wo mir Frank schon über das Vorderrad lief (besser: fuhr), um dort auf die Ebbe zu gucken. Erstes Ziel erreicht.
Dann weiter. Schon hier Richtung Büppel eine steife Brise am Deich, die Kappe tief in die Stirn, oder zuletzt am Lenker. Anschließend Kontrastprogramm: Chillen im wunderbarsten Garten, Duschen, schlenderigst einkaufen, Salat fabrizieren, essen, reden, reden, reden, bis in die Nacht. Schön.
Frank ist nicht nur ein Fahrrad-Experte, sondernd seit den letzten Jahren auch einer, der das Thema Innovation begreift. In den Stunden mit feinstem Wein war von Dekonstruktion bis Vision alles dabei. Es macht eine Riesenfreude, mit Menschen zu sprechen, die sich sehr, sehr tief; also mehr als knietief, in ein gutes Thema vergraben haben.
Nach dem Frühstück dann der Start. Über lange, lange Straßen, zuweilen ohne Radwege. Und immer gegen den Wind. Die Entscheidung schließlich: Häufigere Pausen, wenn auch kurz, zehn oder 15 Minuten, dann weiter. Es hat geklappt, auch wenn am Ende die Oberschenkelmuskeln gequietscht haben, der Hintern beleidigt gestreikt und gejault hat. Sei’s drum.
Gelernt aus dieser Etappe: Es braucht mehr Überlegung zum Material, um den Hintern zu schonen. Es braucht immer eine kluge Etappen-Einteilung, um auch mit Widrigkeiten umgehen zu können.
Entschieden auch: Am morgigen Samstag geht es heim. Nach etwas mehr als 300 Kilometern soll es das mit der ersten mehrtägigen Fahrradreise gewesen sein. Sie war bisher richtig gut, was wiederum auch an den Menschen lag, die ich unterwegs traf. Wenn die Bahn das nicht verpurzelt, wird das morgen schon.
Bremen zeigt sich kaltwindig. Fast 20 Jahre war ich hier nicht mehr. Und dennoch ist einiges vertraut. Gegönnt: Das Maritim-Hotel als kurzfristige Bleibe, ein nahezu opulentes Abendessen, zwei große Biere.
Nachgedacht:
- Frank hat mich ordentlich angestupst. Warum fahren wir überhaupt Fahrrad? Er weiß viel zur Historie. das ist sehr spannend.
- Der ÖPNV in Deutschland ist systemkaputt. Das zeigt sich in vielen Einzelheiten und Facetten. Wir müssen das ändern.
- Es ist unglaublich, welche Wirkung es hat, kuschelnde Kühe ansehen zu können. Überhaupt, Kühe: Sie sind einfach immer großartig.
- Viele Fahrradwege-Beschilderungen sind nicht nur kaputt, sonder komplett falsch überlegt. Gibt es denn Menschen, die sich wirklich damit befassen?
Schlaft so gut wie ich!
cdv!