Wir laufen der Zeit hinterher und wissen überhaupt nicht, wie wir als Gesellschaft mit diesen technologischen Entwicklungen umgehen sollen. – Juli Zeh
Selten haben Beiträge, Vorträge, Diskussionen und Gespräche auf der re:publica für mich einen solchen Eindruck hinterlassen. Nach drei wunderbaren und anstrengenden Tagen stand am Ende fest: Wir sind in einer spannenden Entwicklung. Und, ja, da hat Juli Zeh recht: Wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen. Der politische Aspekt des Internets ist nach meiner Wahrnehmung noch mal stärker in den Vordergrund gerückt. Allein: Wie soll das gehen?
Was ist nun mit der permanenten Überwachung, der wir ausgesetzt sind? Wie gehen wir damit um? Wie organisieren wir Protest? Und, wtf, warum funktioniert in dieser essentiellen Frage die Politik überhaupt nicht mehr? Und, Doppel-wtf, erreichen wir mit diesem Thema keine Masse, die sich am Ende dann auch noch gegen diese Umkehrung des Demokratieverständnisses auflehnt? Antworten auf die Fragen gab es natürlich nicht.
Das Zitat von Juli Zeh, das Felix Schwenzel in seinem Vortrag gebracht hat, ist derzeit noch die deutlichste Aussage zur aktuellen Situation. Mir – vielleicht vielen anderen nicht – hilft es, die Entwicklung zu verstehen. Mir hilft es auch, dass ich immer mehr Menschen wahrnehme, die diese re:publica besuchen, weil sie sich dem Thema widmen müssen. Wenn am Ende mehr Fragen auftauchen als zuvor, ist das schon mal kein schlechtes Ergebnis. Vielleicht müssen wir noch mehr fragen.
Fragestellungen, denen sich nicht nur das kongeniale Duo Sascha Lobo und Felix Schwenzel in sehr sehenswerten Beiträgen gewidmet hat. Auch die unterschiedlichen Branchen horchen in diese Gesellschaftskonferenz, wie Thomas Knüwer sie richtig genannt hat. Bestes Beispiel: Der Journalismus, der händeringend nach sich selbst sucht.
Kerntugenden für besseren Journalismus
Am meisten beeindruckt hat mich der Vortrag des Schweizer Journalistenkollegen Constantin Seibt. Nicht nur an sich selbst beschreibt er die Situation des Journalismus und der Medien; und er führt im Rahmen seines Vortrags die Situation und mehr noch die nächste Zukunft auf einige Kerntugenden zurück: Haltung, Kühnheit, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit. Nur diese wenigen Stichworte reichen meiner Meinung nach, um sich künftig konsequent und beharrlich dieser Aufgabe zu stellen. Denn vielleicht ist es ja ein besserer Journalismus, der helfen kann, einige der oben angeführten Fragen künftig beantworten zu können.
Update: Da der @saschalobo zu Recht gemotzt hat, habe ich heute einen Dauerauftrag eingerichtet. Der Verein netzpolitik.ev erhält nun jeden Monat 50 Euro. Sorry, Bekassine.
cdv!