Kurzes Brainstorming für eine Veranstaltung zum Thema „Wie tickt die Generation Z?“
Okay, vielleicht einige kurze typische Clips zu bestimmten Eigenschaften aus Instagram und TikTok auf der Leinwand.
Blitzlicht-Frage ins Publikum zu eigenen Erfahrungen mit der Gen Z.
Sammeln von gängigen Stereotypen.
Vertreter der Gen Z kommen auf die Bühne und gehen darauf ein.
Kurze Statements: Was ist euch wichtig?
Kurzer Videoclip (max. 3 Minuten) zu Studien über die Gen Z.
Moderierte Diskussion: Wie finden die Generationen zusammen? +HR-Expertinnen +Unternehmer
Wäre schon ein Gerüst, oder?
Man kann es auch wie die Wirtschaftsförderung Dortmund mit einer Barsession machen:
Networking mit Buffet vorab: 1 Stunde
Keynote-Vortrag von HR-Experte Toygar Cinar zur Generation Z: etwa 1,5 Stunden
Podiumsdiskussion mit ausgewählten Gen Z-Vertreterinnen: etwa 30 Minuten
Sessionangebot zu einigen Themen im Plenum: fand nicht statt, weil kein Publikumsinteresse.
Ganz ehrlich: Ich war froh, um etwa 21.30 Uhr die Veranstaltung verlassen zu können. Selten war ich so zugetextet, am Ende wenig schlauer. Okay, mag daran liegen, dass ich mich schon häufiger mit dem Thema befasst habe, mehr dazu gelesen habe.
Ärgerlich am Ende auch, weil „Experte“ Toygar Cinar nicht nur einen viel zu langen Vortrag hielt, sondern sich selbst darin auch noch unglaubwürdig dargestellt hat. Der 44jährige HR-Experte, auf einigen Kanälen (Podcast, Tiktok) präsent, gefällt sich selbst sehr auf der Bühne. Beeindruckend ist die Zahl der Buzzwords. Er lässt tatsächlich kein einziges aus.
Andere Werte, Glaubwürdigkeit der Unternehmen, Vereinbarkeit, Zeit-Management, Digitialisierungs-Affinität, Sinn-Suche, Kommunikation in den Unternehmen, Recruiting – die Beschreibung der Gen Z ist nicht falsch, vielleicht etwas übertrieben plakativ. Die Generation gleich zu Beginn als „Endgegner“ zu bezeichnen ist sprachlich der erste große Lapsus, den er sich leistet. Seine eigenen Widersprüche lebt er auf der Bühne aus. Der überzeugte „Dieselfahrer“ fordert die Unternehmen auf, sich zu ändern. Seinen Diesel will er nicht lassen. Er hinterfragt es nicht einmal, anders als die Generation, die er zu erklären versucht.
Die Generation Z nicht verstehen kann er
Lustig und peinlich zugleich wird es auch: Die Souveränität der Generation beschreibt er mit einem Dialog einer 20jährigen Frau, die ihm auf einem Kanal anbietet, künftig seine Slides zu gestalten. Ich wäre froh, wenn er das angenommen hätte. Zu viel kleiner Text auf schlecht gestalteten Folien macht ihm wirklich keine Ehre. Denn den klassischen Fehler des Folienvorlesens beherrscht der „Experte“ auch. Chapeau!
Wie wenig Toygar Cinar zuhören kann, wird auch in der kurzen Diskussion deutlich. Während ein Gen Z-Vertreter auf dem Podium und im Publikum lieber von Zielen und guten Arbeitsergebnissen anstatt von regulierter Arbeitszeit reden wollen, muss der Human Resources-Mann erst länger darüber nachdenken. Und als aus dem Publikum boomermäßig fein erwähnt wird, dass sich die Generation aufgrund der bisherigen 3000jährigen Erfahrung der Menschheit dem System anpassen werde, nickt er: „Die wollen auch irgendwann mal ein eigenes Häuschen…“. Really?
Toygar Cinar erwähnt in seinem Vortrag keine einzige Studie zu diesem Thema. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe dazu. Gleichwohl fehlt auch die Differenzierung vieler Themen dieser Generation. Etwa, was Influencer bedeuten. Und welche Rolle sie im Alltag derer bedeuten, die am Ende die Positionen besetzen sollen, für die dringend Kräfte gesucht werden sollen. Cinar geht auch nicht darauf ein, wie etwa Einzelhändler und kleine Mittelständler die Kommunikation auf Social Media bewerkstelligen sollen, um diese Generation auf sich aufmerksam machen zu können. Die schlechte Perspektive dieser Generation hinsichtlich vieler gesellschaftlicher Herausforderungen, etwa die aktuelle Klimakatastrophe, erwähnt Cinar nur sehr kurz am Rande. Mehr nicht.
Das Ergebnis am Ende eher mau
Toygar Cinar lässt die etwa 100 Teilnehmerinnen am Ende mit ihrem Problem allein. Die „schwierige“ Generation Z zu integrieren sei die aktuelle Herausforderung. Er spricht vor den zumeist angestellten Besucherinnen nicht darüber, wie sie am nächsten Tag ihren Chef davon überzeugen müssen, nicht nur die Werte des Unternehmens auf den Prüfstand zu stellen, sondern auch noch die Kommunikation an diese „Endgegner“ zu ändern, natürlich transparent und glaubwürdig. Am Ende ist man sich nicht sicher, ob es nicht seine Verkaufsveranstaltung war, um damit neue Kunden zu generieren.
Liebe Wirtschaftsförderung Dortmund: Gute Idee. Versucht es noch mal. Etwa mit Ideen der Generation Z, die vielleicht allesamt besser gewesen wären als diese Boomer-Version. Mehr offen, mehr transparent, mehr interaktiv, mehr diskussionsfreudig, mehr lebendig.
Auf Kosten der Steuerzahler gehen das Buffet und die engagierte Filmcrew sowie zwei emsige Fotografinnen.
Das inhaltliche Ergebnis: Eher mau.
cdv!
Es ist und bleibt ein Trauerspiel mit den Veranstaltungen in Dortmund.
Beim nächsten Mal gerne übrigens Bescheid sagen, wusste nicht, dass das wieder stattfindet und schon gar nicht, dass es nun im domicil ist.